Anhalt Dessau

Anhalt Dessau vs. VfB Chemnitz 0:2

VfB Chemnitz

11.03.2001, Paul-Greifzu-Stadion, Oberliga Nordost-Süd

Ticket
230 Zuschauer

Dessau ist mit 90000 Einwohnern die drittgrößte Stadt Sachsen-Anhalts und läßt vor allem die Paul-Greifzu-Stadion - Außenansicht Herzen von Architekturfreunden höher schlagen, findet man hier doch eins der wesentlichen Zentren des Bauhauses. So kann man das berühmte Bauhaus selbst - heute Quartier der Hochschule - und die Meisterhäuser Kandinsky/Klee besuchen, sämtlich vom Architekten Paul Gropius gebaut. Übrigens war man sich in der Verurteilung dieser Kunstform lange über die ideologischen Grenzen hinweg einige - unter den Nationalsozialisten wurde das Bauhaus als “undeutsch” und “kulturbolschewistisch” verunglimpft, unter der SED nannte man es später “kosmopolitisch” und “bourgeoise”, bevor man sich in den 70er Jahren eines besseren besann und die Gebäude zu Kulturdenkmälern erklärte.

Über fußballerische Tradition verfügt Dessau auch, doch nicht der alte SV Dessau 05 ist zur Zeit klassenhöchster Verein der Stadt, sondern der Emporkömmling FC Anhalt, der in der Oberliga Nordost-Süd und damit eine Klasse über dem Lokalrivalen zu finden ist. Dort schien man sich bereits für die Rückrunde gut positioniert und mit dem Abstieg nichts zu tun zu haben, doch - das Spiel gegen den VfB mitgezählt - fünf Niederlagen in Folge sorgen dafür, daß die Sorgenfalten zurück auf die Stirnen von Verantwortlichen und Fans getrieben werden. Umgekehrtes gilt für den VfB Chemnitz, denn der kleine Rivale des CFC hat zweimal in Folge gewonnen. Damit scheint es sich auszuzahlen, daß man sich in der Winterpause verstärkt hat, um dem Abstieg zu entgehen, auch wenn das in Tabellenplätzen noch keinen Erfolg brachte - zunächst bleiben die Sachsen an vorletzter Stelle.

Am heutigen Sieg gibt es jedoch wenig zu rütteln. Die Dessauer gehen bemüht, aber Paul-Greifzu-Stadion - Außenansicht umständlich ans Werk, wobei ihnen der Mangel an Selbstvertrauen die Beine schwer machen mag, den vier Niederlagen in Folge mit sich bringen. Die Chemnitzer sind in allen Belangen überlegen und fahren einen verdienten Sieg ein, wobei der erste Treffer von bitteren Abwehrfehlern der Anhaltiner begünstigt wird, die in mehreren Versuchen nicht klären können.

Die Zuschauer verfolgen dieses Schauspiel ungeduldig und mit bitteren Kommentaren. Man kann in Dessau wohl von einem typisch kleinstädtischen Amateurpublikum sprechen, das sich zu einem großen Teil aus Rentnern rekrutiert, obwohl auch eine Handvoll Gestalten zugegen sind, die wenig vertrauenserweckend aussehen und gleich einige Kampfhunde mitgebracht haben - die allerdings zugegebenermaßen mit Maulkörben ausgestattet.

Paul-Greifzu-Stadion - folgt

Paul-Greifzu-Stadion - folgt

Das Paul-Greifzu-Stadion ist nach einem bekannten Rennfahrer benannt, der in den 50er Jahren bei der Vorbereitung auf ein Rennen in Dessau tödlich verunglückt war. Am 18. Oktober des gleichen Jahres wurde das nach ihm benannte Stadion mit einem Spiel der BSG Motor Dessau gegen Lokomotive Stendal eröffnet (4:0), wobei gleich der noch heute gültige Besucherrekord des Stadions mit über 30000 aufgestellt wurde. Das brachte Dessau dann auch einen Platz in der Geschichte des DDR-Sports ein, war doch die Anlage die erste im neuen Staat errichtete Sportstätte oder - in offizieller Terminologie - “das erste im Aufbau des Sozialismus geschaffene Stadion”. Heute ist vor allem die kleine Haupttribüne ein Blickfang, die dafür sorgt, daß etwa 700 von 25000 potentiellen Zuschauern im Trockenen sitzen können. Für den Rest gibt es ein weites Rund aus offensichtlich aufgeschütteten Wällen, die mit Stehstufen und Wellenbrechern versehen sind - aus unerfindlichem Grund nicht in den grün-roten Vereinsfarben, sondern in Blau gehalten. Das Stadion verfügt weiterhin über eine Flutlichtanlage und über eine Laufbahn. Übrigens hat hier auch schon großer Fußball stattgefunden, so traf man sich zweimal (1964 und 1973) hier zum Endspiel des DDR-Pokals - der Sieger kam in beiden Fällen aus Magdeburg.

Titelseite