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Italien |
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UEFA EURO 2004 |
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18.06.2004, Estadio do Dragão (Porto), Gruppenspiel Europameisterschaft 2004 |
Nach dem 2:0 von Dänemark über Bulgarien steht bereits vor der zweiten Partie der Vorrundengruppe C der Europameisterschaft
fest, daß neben den Mannschaften von Italien und Schweden, die im Estádio Dragão aufeinandertreffen, nur noch die dänische Auswahl auf einen Platz im Viertelfinale hoffen darf. Die Dänen haben zwei Punkte auf dem Konto, wärend Italien bislang nur einen Zähler verbuchen durfte und Schweden drei Pluspunkte auf die Habenseite bringen konnte. Damit könnten die gelb-blauen Skandinavier bereits vorzeitig den Gruppensieg unter Dach und Fach bringen, sollten sie einen Sieg gegen die Auswahl des Stiefelstaates erringen. Die dagegen könnte bei einem Erfolg gegen die Schweden am letzten Spieltag mit einem eigenen Sieg gegen den bisherigen Prügelknaben Bulgarien ihrerseits den Sieg in der Gruppe erringen. Sollte die heutige Partie dagegen unentschieden ausgehen, so würde die Konstellation etwas undurchsichtig werden, da bei Punktgleichheit nur die Begegnungen der betroffenen Teams gegeneinander zum Berechnen der Tabelle herangezogen werden und nur, solle auch das keine Entscheidung bringen, das Gesamttorverhältnis aus allen Spielen entscheiden würde, bevor dann, als letzte "Tie-Breaker" der UEFA-Koeffizient, die UEFA-Fairplay-Rangliste und letztendlich das Los entscheiden würden.
Die Mannschaft Italiens zeigt sich von dem 5:0-Erfolg gegen Bulgarien, den die Schweden als Empfehlung mit nach Porto gebracht haben,
wenig beeindruckt und übernimmt schnell das Kommando in einer insgesamt offenen Partie, in der auch die Schweden zu Chancen kommen. Nach 37 Minuten kommt es zur bis dahin völlig verdienten Führung für Italien, als Roma-Stürmer Cassano eine Flanke noch so eben mit der Stirn berühren und ihr so die entscheidende Richtungsänderung verpassen kann. Der Torschütze hätte heute übrigens normalerweise gar nicht auf dem Platz gestanden und ist erst durch die Spuckattacke von Stürmerstar Totti in die Mannschaft gerutscht, der seinerseits bei drei Spielen Sperre erst in einem Halbfinale mit italienischer Beteiligung wieder ins Spiel eingreifen dürfte. Im zweiten Abschnitt versuchen die Skandinavier, nach vorne zu spielen, rennen sich aber bei eher einfallslosem Sturmspiel durch die Mitte immer wieder in der italienischen Abwehr fest. Obwohl die Italiener durchaus Konterchancen haben, beschränken sie sich jedoch insgesamt vielleicht zu sehr auf die Wahrung des Vorsprungs, als selbst noch den Weg nach vorne und damit die Entscheidung zu suchen, und das soll sich rächen. Stürmer wie Henrik Larsson und Zlatan Ibrahimovich, der Alt- und der Jungstar des schwedischen Verbandes, können aus einer Chance einen Treffer machen und diesmal ist es der aufstrebende Ibrahimovich, der am Ende mit einem sehenswerten Treffer - vielleicht hat man da schon das schönste Tor der Euro gesehen - doch noch den Ausgleich schafft. Der Stürmer nimmt einen Ball mit der Hacke und befördert ihn auf direktem Wege in den Torwinkel. Am Ende ist der Punktgewinn für Schweden vielleicht etwas glücklich, aber Gold wert, denn wegen des besseren Torverhältnisses gegenüber Italien im direkten Vergleich reicht den Schweden am letzten Spieltag der Partie auf jeden Fall ein Remis gegen Dänemark zum Gruppensieg. Zwischen Italien und Dänemark ist die Lage brisanter, denn die Dänen wären - einen Sieg Italiens gegen Bulgarien vorausgesetzt - bei 0:0 ausgeschieden und bei 2:2 oder höherem Remis unabhängig vom italienischen Ergebnis im Viertelfinale, nur bei 1:1 würde die Gesamttordifferenz entscheiden, so daß es dann - und nur dann - darauf ankäme, ob die Azurri mit 2:0 oder höher das Ergebnis der Dänen gegen Bulgarien einstellen oder überbieten könnten.
Ein gutes Zehntel der Plätze im Estádio Dragão sind am heutigen Tag leer geblieben, wobei es offensichtlich vor allem der
italienische Verband nicht geschafft hat, sein Kontigent unter die Leute zu bringen, finden sich doch die meisten der freien Plätze im Fanbereich der Squadra Azurri. Bis zur Führung ist von den Italienern nicht das meiste zu hören, erst danach fangen sie an, zu supporten und der schwedischen Mehrheit etwas entgegenzusetzen. Dennoch muß man sagen, daß die Fans der italienischen Mannschaft so gut wie gar nicht in Erscheinung treten und eine sowohl von ihrer Zahl als auch von der Intensität des Supports her wenig überzeugende Leistung bieten. Im zweiten Abschnitt werden dann die schwedischen Anhänger, die so wie die Fans des Gegners gegenüber in einer Diagonale zwischen Haupt- und Gegengerade untergebracht sind, ebenfalls ziemlich ruhig und dokumentieren so, daß man nicht mehr ernsthaft mit dem Ausgleichstreffer für seine Farben rechnet. Als der dann doch noch fällt, ist bei den Schweden dann aber Volksfeststimmung angesagt und man feiert noch einige Zeit über den Schlußpfiff hinaus ausgelassen den Punktgewinn.
Das Estádio Dragão (gesprochen wird der Name übrigens wie 'Dragon' mit leicht fanzösisch genäseltem 'on' am Ende) ist ein kompletter Neubau,
der unmittelbar neben dem alten Stadion des FC Porto entstanden ist, das nach dem umgebenden Stadtteil Estádio Antas genannt war. Die neue Heimstätte des Europapokalsiegers ist das ganze Gegenteil der offenen und nur in einem sehr kleinen Bereich überdachten ovalen Schüssel, in der man seinem Sport zuvor nachging. Die neue Anlage ist komplett überdacht, wobei man die Längsseiten doppelrängig und die Hintertorbereiche einstöckig konzipiert hat, auf eine geschwungene Konstruktion wie in Leiria oder Coimbra jedoch weitgehend verzichtet hat, sondern die Überdachung hinter den Toren einfach hoch über den Zuschauern thronen läßt. Vermutlich ist das bei Regen nicht besonders funktionell, zumal es in Portugal fast ständig windig und die Konstruktion auch nach hinten offen ist, aber schön anzusehen ist es auf jeden Fall. Die knapp 50000 Sitze im Stadion sind in der blauen Vereinsfarbe des Heimteams gehalten, ein Farbton, der ja auch heute bei beiden Kontrahenten zu finden ist. Das Stadion liegt übrigens unmittelbar an dem Autobahnkreuz von A1 (nach Lissabon) und A3 (nach Braga), wo es mit seiner auffälligen Fassade schon im Vorbeifahren zu gefallen weiß und mit einem weithin sichtbaren stilisierten Drachen an der Außenfassade wenig Zweifel daran läßt, wer hier zu Hause ist. Zwischen die beiden Ränge sind übrigens in große Zahl verglaste Logen ins Estádio Dragão integriert, deren Vermietung vermutlich einen äußerst warmen Regen in die Kassen des FC Porto spülen dürfte. Die Flutlichtstrahler sind bei einer komplett überdachten Anlage wie dieser natürlich in die Stadiondächer integriert, die genau besehen schon eine leichte Wellenform mit Abfall von der Seite zum Hintetorbereich haben, und Multimedia-Anzeigetafeln fehlen natürlich auch nicht - in den freien Bereichen zwischen Hintertortribünen und Dach ist ja reichlich Platz für so etwas.
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