|
Ägypten |
|
FIFA kicker.de |
|
27.03.2005, El Makweleen el Arab Stadium, WM-Qualifikation, Afrika Gruppe 1 |
Im Jahr 1934 hat Ägypten als erstes afrikanisches Land an einer WM-Endrunde teilgenommen und konnte sich 1990 zum zweiten
und letzten Mal für eine WM-Endrunde qualifizieren. Um diesen Erfolg zu wiederholen, wäre zum jetzigen Zeitpunkt bereits eine
gehörige Kraftanstrengung vonnöten. Vier Punkte Rückstand weisen die Nordafrikaner auf den Tabellenführer Elfenbeinküste auf und
insgesamt liegt man nur auf dem vierten Tabellenplatz, wobei auch noch der heutige Gegner in Form des international eher unbedeutenden
Nachbarstaats Libyen vor den Ägyptern liegt. Besonders die 0:1-Niederlage der ägyptischen Mannschaft beim Hinspiel in Libyen wurde von vielen Fans als großer Schock, wenn nicht gar nationale Katastrophe empfunden, so daß es für die Kicker vom Nil heute nicht nur darum geht, die hauchdünne Chance zur Qualifikation zu wahren, sondern auch darum, die Ehre des ägyptischen Fußballs wiederherzustellen, indem man zumindest dieses Hinspielergebnis korrigiert. Die Gäste benötigen die Punkte allerdings ebenso, vor allem, weil bereits am Mittag die erwarteten Ergebnisse der Gruppe eingespielt worden sind und die anderen Teams aus der Gruppenspitze erfolgreich gegen die Kellerkinder vorgelegt haben - die Elfenbeinküste mit 3:0 gegen Benin und Kamerun mit 2:1 gegen den Sudan.
Die erste Hälfte hat nicht allzuviel zu bieten. Beide Mannschaften sind eher defensiv eingestellt und gefährlich wird es bestenfalls
mal bei Standardsituationen oder den seltenen Abwehrfehlern der einen oder anderen Seite. Nach 40 Minuten landet der Ball dann doch im Netz - dem der Ägypter -, aber der Treffer findet wegen einer knappen Abseitsentscheidung keine Anerkennung. Für die eher langweilige Partie des ersten Abschnitts wird man dann aber in der zweiten Hälfte mehr als entschädigt, als es plötzlich Schlag auf Schlag geht. Zunächst gehen die Gäste in der 53. Minute mit 1:0 in Führung, doch die Freude ist nicht lange auf der Seite der Gäste. Im direkten Gegenzug fällt der Ausgleich für Ägypten und der Sekundenzeiger hat die Uhr nur einmal umrundet, als der zweite Treffer für Ägypten für die rasante Wende im Spiel sorgt. Noch mal drei Minuten weiter kommt es fast zur Vorentscheidung für die Hausherren, aber der Ball springt von der Unterkante der Latte ins Spielfeld zurück. Dennoch hat Libyen jetzt nicht mehr viel zu entgegnen und so kommt es dann am Ende doch noch zu zwei weiteren Toren für die Gastgeber, die sich am Ende mit einem 4:1-Sieg in der Tabelle an Libyen vorbeischieben und sich damit wohl für die Hinspielniederlage rehabilitiert haben.
Ein Großteil der gut 30000 Zuschauer befindet sich bereits zwei Stunden vor Anpfiff der Partie im Stadion, wohl, weil es keine
numerierten Plätze gibt und man sehen muß, rechtzeitig da zu sein, um einen guten Platz zu ergattern. Auch eine Menge Gästefans haben sich eingefunden und beide Seiten machen sich bereits mit Gesang und Provokationen in Richtung der Ägypter warm, wobei man hin und wieder von den Polizeikräften im Block zur Ordnung gerufen wird. Während die Libyer größtenteils im Zentrum und im rechten Bereich der Haupttribüne untergebracht sind, ist die Gegenseite völlig in der Hand der ägyptischen Fußballfreunde, die bereits vor dem Spiel gelegentlich eine kleine Fahnenparade aufführen. Zum Intro gibt es dann auf beiden Seiten noch mal zahlreiche Schals und Fahnen zu sehen, wobei die Gästefans auch ein paar rote bengalische Feuer mitgebracht haben. Danach gibt es immer mal wieder Sprechchöre beider Seite und zusätzlich sind immer wieder Sambatrommeln zu hören, wie sie eigentlich eher dem südamerikanischen Kontinent zugerechnet würden. Insgesamt ist die Stimmung auf beiden Seiten allerdings sehr stark vom Spielverlauf abhängig, wenn es nicht so läuft, wird man schnell sehr leise, kommt dann aber, wenn die Mannschaft wieder stärker ins Spiel zu kommen scheint, bald wieder zurück.
Das Spiel findet im relativ kleinen El Makweleen el Arab Stadion in Kairos Vorstadt Nasr City statt, das (zumindest nach einem Schild
auf der Gegenseite) auch als Osmed Ahmed Osman Stadion bekannt ist und Platz für 35000 Leute bietet. Nach Auskunft von Heimfans wird das
größere Cairo Stadium zur Zeit renoviert und steht deshalb nicht zur Verfügung, was aber offensichtlich kein großes Problem ist: die Anhänger der Hausherren gelten zwar als fußballverrückt, aber letztenlich hängt das Interesse wie in vielen afrikanischen Staaten sehr stark von den Erfolgsaussichten ab und viele Leute glauben offensichtlich nicht mehr dran, daß Ägypten zur WM reisen wird und die gleichzeitig laufende Qualifikation für den Afrika-Cup ist für Ägypten als Gastgeberland irrelevant. Beim Stadion selbst handelt es sich auf jeden Fall um ein klassisches Oval mit (aus Fansicht viel zu platzraubender) Laufbahn. Der komplett umlaufende Unterrang ist mit beigen Sitzen ausgestattet, während der stückweise aufgesetzte Oberrang über grüne Sitze verfolgt. Ein solcher Aufsatz findet sich jeweils einmal hinter jedem Tor, in den Diagonalbereichen und in der Mitte der Gegenseite. Die Haupttribüne hat dagegen im zentralen Bereich eine Mini-Überdachung, unter der sich aber offensichtlich nur Plätze für Funktionäre und VIPs finden. Eine Anzeigetafel gibt es keine, die Flutlichtanlage ist auf der Gegenseite in mächtigen Masten mit je 51 Strahlern und auf der Hauptseite in der Überdachung untergebracht.
|