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US Lecce |
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15.02.2004, Stadio Comunale Via del Mare, Serie A |
Bei der Partie zwischen dem im der Region Puglia, also im "Stiefelabsatz", beheimateten US Lecce und dem Vorjahreszweiten AC Milan
handelt es sicherlich um das Spiel des Tages, auch wenn es inmitten des Pulks vom Hauptspieltag sonntags um 15:00 Uhr ausgetragen wird. Der AC Milan prägt den bisherigen Saisonverlauf wie kein anderes Team und hat überhaupt erst eine einzige Partie verloren, während der US Lecce in den letzten Spielen üppig punkten konnte und so im Rennen um den Klassenerhalt den Anschluß gefunden hat. Vor vier Spielen hatte das Team mit Baum und Wolf im Wappen gerade mal neun Punkte auf dem Konto und einen Rückstand von sieben Zählern auf den sicheren 14. Tabellenplatz, seither konnte man mit drei Siegen - davon zwei auswärts - und einer Niederlage sein Punktekonto verdoppeln, sich auf dem Relegationsplatz festsetzen und den Rückstand auf den 14. Tabellenplatz auf drei Zähler verkürzen (und den auf den 12. Tabellenplatz gleich mit, da mit Modena, Siena und Reggina drei punktgleiche Teams auf den Positionen zwölf bis 14 zu finden sind). So darf man sich in Lecce nicht nur Hoffnungen machen, die Aufstiegs-Saison in der Serie A zu überstehen, sondern auch darauf spekulieren, den Champions League-Sieger ärgern zu können - und vielleicht sogar das erste Team zu werden, das den Mailändern eine Auswärtsniederlage beibringt.
In der Anfangsphase schaffen es die heimischen Kicker dann auch tatsächlich, Milan ihr Spiel aufzuzwingen und die scheinbar
übermächtigen Superstars in Rot und Schwarz von einer Verlegenheit in die andere zu stürzen. Geführt von dem schon bei der Partie in Reggio di Calabrio, von der hier vor drei Wochen berichtet wurde, überragenden Sturmduo Javier Ernesto Chevanton und Valeri Boljanov scheint Lecce tatsächlich auf dem Weg zur Sensation zu sein, wobei es heute der Uruguayer ist, der der Partie seinen Stempel aufdrückt und auch nach 19 Minuten für den umjubelten Treffer der Hausherren sorgt. Abgeklärt wie sie aber nun mal sind, kommen die Norditaliener jedoch in der 53. Minute zum Ausgleichstreffer, den der vorher etwas blasse Andrej Sevchenko erzielt, so daß die Partie ein etwas anderes Moment bekommt. In der Folge entwickelt sich ein offener Schlagabtausch, in dem zunächst vor allem Lecce noch mal mehr will als diesen einen Punkt, die Vorteile aber dann doch nach und nach auf die Seite des AC Milan wechseln, so daß die letzten Minuten aus Sicht der Hausherren zu einer Abwehrschlacht werden. Einmal hilft den Hausherren das Glück des Tüchtigen, als ein Feldspieler auf der Linie stehend den Führungstreffer für Milan verhindern kann, ansonsten stemmt man sich jetzt der drohenden Niederlage mit Glück, Geschick und Kampf entgegen und so bleibt es beim 1:1, das am Ende auf der Seite der Hausherren wie der Sieg gefeiert wird, den man heute mit etwas mehr Glück sicherlich auch hätte erringen können. Am Ende ist das Remis ein verdientes Resultat, bei dem sich Herz und Engagement auf der einen Seite mit Gelassenheit und Souveränität auf der anderen Seite aufgewogen haben.
Das Publikum beim US Lecce gilt als begeisterungsfähig, aber auch sehr rechtslastig und rassistisch. Zu den Vorwürfen muß gesagt
werden, daß es rund ums Stadion Via del Mare tatsächlich so manche rechte Schmiererei wie Kelten- und Hakenkreuze zu sehen gibt, daß die aber zum Großteil übersprüht und mit Parolen wie "No politica, no business, solo Lecce!" versehen worden sind, und daß es zu keinen erkennbaren rassistischen Äußerungen kommt, wenn schwarze Spieler am Ball sind, weder bei dem Niederländer Clarence Seedorf auf Seite des Gegners noch beim auf der eigenen Seite eingewechselten Axel Konon (Cote d'Ivoire). Andere Äußerungen gibt es dafür vom Heimpublikum zur Genüge, zunächst drückt man sich zum Intro mit zahlreichen Pyros und einer Konfetti-Lawine aus, die wohl aufgrund der massenweisen Verteilung von einer Art Anzeigen-Blättchen wohl eher spontan entstanden ist. Danach supporten die Lecce-Fans mit Singen und Trommeln, wobei vor allem die Bediener der Schlaginstrumente durch teilweise recht komplizierte Rhythmen glänzen und sich von dem doch unter Fußball-Anhängern meist üblichen eher dilettantischen Getrommel deutlich abheben. Dabei erreicht man auf Seiten des US Lecce eine für die offene Bauart des Stadions bemerkenswerte Lautstärke. Auch die Anhänger von Milan können durchaus positiv auffallen, sind sie doch durchaus zahlreich in Lecce aufgelaufen, wo man seinen Block gut füllt und im sich im zweiten Abschnitt auf den eigentlich freigehaltenen Pufferblock hin zu den Lecce-Fans hinter dem einen Tor ausdehnt. Das Intro der Milan-Fans kann sich durchaus sehen lassen, als der Block dicht an dicht mit Doppelhaltern und Fahnen gefüllt ist. Zu hören ist dann aber doch eher wenig von den Gästen, da sie sich gegen die Übermacht der Lecce-Anhänger nur selten stimmlich behaupten können. Immerhin ist ihre Freude hörbar, als die Treffer zur Heimniederlage von Lokalrivalen Inter auf der Anzeigetafel gemeldet werden, der zu Hause gegen Udinese Calcio den kürzeren zieht, das einzige Team, gegen das auch der AC in der laufenden Saison drei Punkte lassen mußte.
Von außen macht das Stadio Via del Mare den Eindruck einer Festung, ist es doch von hohen Metallzäunen umgeben, die oben zusätzlich
durch militärische Stacheldrahtrollen gesichert sind - offensichtlich kennt man in Puglia die Kletterkünste der italienischen Tifosi, wenn es darum geht, ein Stadion kostenlos zu betreten. Im Inneren findet man ein typisches Stadion älterer italienischer Bauart, angelegt als große ovale Schüssel mit Laufbahn. Rundum ist es mit doppelstöckigen Tribünen umgeben - beziehungsweise fast rundum, ist doch der Oberrang der Gegenseite an beiden Flanken von ein paar Metern freien Raum von den Kurven getrennt, so daß dieser Oberrang genau genommen eine eigene frei stehende Tribüne ist. Oberhalb der Mitte dieser Gegentribüne gibt es eine kleine Anzeigetafel, da hier im Gegensatz zur Hauptseite kein störendes Dach vorhanden ist. Unüberdacht sind auch die Kurven, wo auf beiden Seiten Heimfans untergebracht sind und auf einem Eckblock (bzw. im zweiten Abschnitt wie beschrieben auf zwei Eckblöcken) zur Gegenseite hin auch die Milan-Anhänger. Für Beleuchtung wird durch eine konventionelle Anlage gesorgt, bei der die Strahler über vier Masten verteilt sind und die sich so in die allgemein konservative Architektur der Anlage einfügt. Gesessen wird im Stadion an der Straße des Meeres zum Größteil auf Plastiksitzen - teils mit, teils ohne Rückenlehnen - wobei es im unteren Bereich der Kurven auch ein paar rohe Steinbänke gibt und in den eigentlichen Fanblöcken genau genommen wie üblich überhaupt nicht gesessen sondern stehend die Partie verfolgt wird, obwohl das Stadion nominell ein All-Seater ist.
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