Zeytinburnuspor vs. Kırşehirspor 3:3
ca. 600 Zuschauer
Wie in vielen Ländern ist die sogenannte zweite Liga (2. Lig) in der Türkei eigentlich das 3. Level, da die höchste Liga des Landes einen eigenen Namen hat - hier Süper Lig - und die nominell 1. Lig darunter folgt. Diese 2. Lig ist die höchste Spielklasse, die nicht landesweit spielt, sondern in fünf Staffeln aufgeteilt ist. Das allerdings gilt nur teil- und zeitweise, denn nach einer Vorrunde gehen Erster und Zweiter jeder dieser Staffeln in eine landesweite Aufstiegsrunde und die restlichen neun Teams tragen weiter innerhalb ihrer Staffeln die Plazierungsrunde aus, im Rahmen derer die Absteiger ermittelt werden. Das ist kompliziert, könnte man meinen, aber den türkischen Ligaplanern nicht kompliziert genug und so haben auch die Teilnehmer der Plazierungsrunde den Aufstieg noch nicht ganz verpaßt. Vielmehr werden in der Aufstiegsrunde erst mal nur zwei von drei Aufsteigern ermittelt und der letzte wird zwischen den restlichen acht Teams und den Tabellenersten der Plazierungsrunden ausgetragen. Zuende gedacht bedeutet das, daß es heute für die Istanbuler Stadtteilkicker von Zeytinburnuspor um ihre letzte Aufstiegschance geht - zumindest rein rechnerisch. Sieben Punkte müßte man auf Aufsteiger und Tabellenführer Konya Seker aufholen und dann wäre man selbst aufgrund des besseren direkten Vergleichs über seine Plazierungsgruppe für diese 'Phase 3' qualifiziert, allerdings müßte man das in drei Spielen schaffen, so daß ein massiver Einbruch von Konya Seker erforderlich wäre. Eine rechnerische Chance bleibt auch den einen Punkt schlechter stehenden Gästen von Kırşehirspor, die allerdings den Tabellenführer sogar überholen müßten, da sie den direkten Vergleich verloren haben.
Bereits in der 6. Spielminute gehen die Gäste in Führung, als man bei einem Spielzug über links weitgehend ungestört bleibt und Samed Maviş keine Mühe hat, die Hereingabe zu verwandeln. Unmittelbar nach dem Treffer setzt Kırşehirspor nach, doch die Hausherren übernehmen immer mehr das Kommando, und schließlich drängt Zeytinburnuspor auf den Ausgleich und ist optisch überlegen, bleibt aber über weite Strecken der Partie erschreckend harmlos. Nur bei einem Distanzschuß muß sich Polat İkiz, der Torhüter der Gäste strecken, um den Ball zur Ecke zu klären, und mitten in der Drangphase der Hausherren fällt dann auch noch kurz vor der Pause der Treffer zum 0:2, den erneut Samed Maviş nach einem Angriff über links erzielt. Nach der Pause erhöht Zeytinburnu noch mal das Tempo und in der 49. Minute haben die Heimfans schon den Torschrei auf den Lippen, doch das Leder verfehlt knapp das Ziel, und fünf Minuten später kommt es noch schlimmer für Zeytinburnu, als es nach einem schnellen Konter 0:3 durch Mustafa Kaya heißt. Die Abwehr der Gäste ist es schließlich, die mit einem Abpraller Ender Alkan die Chance gibt, aus kurzer Distanz zu treffen (60.), und dieses Tor läutet ein furioses Comeback von Zeytinburnu ein, das elf Minuten später zwei Treffer von Öczan Karakiraz (66., 71.) ausgeglichen hat, wobei der Schiedsrichter beim 2:3 etwas mithilft, als er nach einem Zusammenstoß an der Strafraumgrenze einen Elfmeter für das Heimteam gibt, den Öczan lässig ins linke Ecke schiebt. Danach sind beide Mannschaften mit dem Punktgewinn zufrieden und belegen so, daß sie nicht mehr an ihre Aufstiegschance glauben. Jedenfalls tut man sich nicht mehr weh, so daß es am Ende beim 3:3 bleibt, durch das Konya Seker jetzt auch rein rechnerisch die Qualifikation für "Phase 3" geschafft hat.
Einige Anhänger von Zeytinburnu sorgen bereits vor der Partie für Support und singen sich warm, so daß trotz des relativ niederklassigen Spiels bereits vor dem Stadion deutlich zu hören ist, daß hier offensichtlich am heutigen Tag gespielt wird. Zum Abspielen der Nationalhymne - im türkischen Fußball vor Anpfiff obligatorisch - und zum Intro sowie wegen der in dieser Woche überall abgehaltenen Schweigeminute präsentiert man seine Schals - davon einige nicht in Zeytinburnus Blau-Weiß, sondern in Rot und Grün - und danach macht man sofort weiter, die Gastgeber zu unterstützen. Einen Gästeblock gibt es auch und da haben sich etwa 60 Menschen eingefunden, die teilweise mit Schals in den Farben Grün und Weiß ihre Vereinszugehörigkeit dokumentieren, darüber hinaus aber nicht weiter in Erscheinung treten. So übel ist diese Zahl übrigens nicht, denn Kırşehir liegt von Istanbul aus gesehen noch hinter Ankara und ist so einige Autostunden entfernt, wobei sich natürlich die Frage stellt, ob die Gästefans wirklich von dort angereist sind oder ob nicht zumindest einige von ihnen in der Metropole leben.
Das Zeytinburnu Stadion liegt in unmittelbarer Nähe der Bahnstation Kaclizesme und dürfte so manchen deutschen Besucher spontan an das Georg-Melches-Stadion von Rot-Weiss Essen erinnern. Die Parallele liegt auf der Hand, sind doch die Längseiten und eine Hintertorseite ausgebaut (wenn auch nicht ganz so üppig wie in Essen), während die andere Hintertorseite frei von jeglichem Ausbau ist. Die Aussicht durch die freie Seite ist freilich deutlich interessanter, denn man hat den Blick auf das Marmarameer und die darauf liegenden Schiffe sowie ein Stück historische Stadtmauer. Der Ausbau des Stadions besteht aus mit Sitzschalen in den Vereinsfarben Blau und Weiß ausgestatteten Tribünen, wobei die Haupttribüne im mittleren Bereich über ein Mini-Dach verfügt und der Rest der Anlage auf jegliche Überdachung verzichtet. Im ausgebauten Hintertorbereich gibt es noch eine Anzeige zum Stecken, und die Gegenseite - aber nur die - verfügt über einige Flutlichtmasten, die jedoch insgesamt eher den Eindruck machen, nicht auszureichen, um hier bei Dunkelheit spielen zu können. Auf jeden Fall findet sich hier auch im äußeren Bereich zur See hin - also somit zur ausbaufreien Seite - der Gästeblock.